"Marta schläft" von Romy Hausmann. Den größten Teil des Covers nimmt der Titel ein, der mit schwarzem Wachsstift in Schreibschrift auf einen schmutzig weißen Hintergrund geschrieben ist. Zwischen den beiden Wörtern des Titels steht in roten Druckbuchstaben der Name der Autorin, unter dem Titel in schwarzen Druckbuchstaben das Wort "Thriller". Über dem Titel ist eine simple Figur aus Strichen gemalt, die an einem Galgenstrick hängt. Oben rechts klebt ein roter Sticker mit der Aufschrift: "Spiegel Bestseller-Autorin", unten rechts ist das Logo des dtv premium Verlags abgedruckt.

Kurzmeinung: Spannender Thriller, der allerdings zu viele Geschichten auf einmal erzählen will.


Die Thriller von Romy Hausmann lese ich sehr gern, und auch Marta schläft ist da keine Ausnahme – das Buch ist von der ersten Seite an mitreißend erzählt und durch die kurzen Kapitel mit kleinen Cliffhangern am Ende ein richtiger Pageturner. Auch setzt Hausmann wieder dort an, wo andere Thriller enden würden und bleibt sehr nah an ihren teilweise schwer traumatisierten Figuren.

Die Geschichte beginnt mit drei Handlungssträngen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben: Da ist Nadja, die gerade auf dem Weg ist, eine Leiche zu entsorgen; Nelly, die eine Affäre mit einem verheirateten Mann beginnt; eine unbenannte Briefschreiberin, die viele Versuche unternimmt, einem geliebten Menschen etwas zu erklären und die doch nie die richtigen Worte findet.

Wie ein Puzzle setzt sich alles nach und nach zusammen, bis es schließlich zu dem kommt, was schon im Klappentext angekündigt wurde: Ein perfides Spiel in einem Spreewaldhaus, in das Nadja hineingezogen wird; ein inszenierter Gerichtsprozess, in dem der Ankläger gleichzeitig der Richter ist.

Dieser sadistische Gerichtsprozess, der dem Klappentext zufolge im Zentrum der Geschichte steht, ist in Wirklichkeit für diese gar nicht so wichtig. Das hat mich beim Lesen irritiert, ist aber eher ein Problem des Marketings. In der Geschichte selbst mangelt es aber leider ebenfalls nicht an Relevanz-Problemen: Die Handlung braucht zu Beginn eine ganze Weile, um in Fahrt zu kommen und mir zu vermitteln, was eigentlich los ist. Dann rutscht einer der drei anfänglichen Handlungsstränge immer weiter in den Hintergrund und ist plötzlich nicht mehr relevant; mit der Hauptfigur Nadja hat er überhaupt nichts zu tun. Außerdem gibt es einen Mord in Nadjas Vergangenheit und in Nadjas Gegenwart, die nichts miteinander zu tun haben. Dann gibt es noch die Ex-Freundin einer männlichen Figur, aus deren Perspektive kurz erzählt wird und die nach der Trennung von ihm in einem Cliffhanger Rache schwört – was danach allerdings nie wieder eine Rolle spielt.

Ich hatte beim Lesen das Gefühl, Hausmann wolle zu viele Geschichten gleichzeitig erzählen. Einzeln sind sie zwar sehr spannend, aber in Kombination wirkt das Buch leider etwas überladen. Außerdem fühlt es sich so an, als würde immer wieder an Figuren herangezoomt werden, nur um sie anschließend fallen zu lassen, weil sie für die Geschichte dann doch nicht so wichtig sind.

Auch wurde ich in diesem Buch öfters auf falsche Fährten geführt bzw. Offensichtliches wurde geheimniskrämerisch im Dunkeln gelassen, nur damit immer wieder kleine Twists präsentiert werden können. Die effekthascherische Art und Weise, wie das Ganze eingefädelt wurde, hat mich nach einer Weile genervt. Denn die Geschichte hat solche Tricks eigentlich gar nicht nötig.

Leichter Spoiler!

An einem entscheidenden Punkt ist es mir schwergefallen, die Geschichte ernst zu nehmen: Eine Frau hat einen Mann getötet, weil er sie körperlich bedroht hat, und ist jetzt völlig aufgelöst. Ihr Mann, angeblich einer der besten Anwälte Berlins, behält einen klaren Kopf und kombiniert sofort: Das sei Totschlag, und selbst wenn er sie verteidigen würde, würde sie dafür mindestens für fünf Jahre ins Gefängnis kommen. Und da er sie unbedingt davor bewahren will, denkt er sich einen sehr komplizierten Plan aus, um die Tötung einer anderen Person in die Schuhe zu schieben. Ein Plan, der die Haupthandlung dieses Romans erst ins Rollen bringt. Ein Plan, bei dem sehr viel schiefgehen kann und am Ende auch sehr viel schiefgeht. Auf die Idee, dass die Tat seiner Frau ganz klar Notwehr war und dass er seine Verteidigung einfach darauf stützen könnte, kommt er aus unerfindlichen Gründen überhaupt nicht. Selbst mit sehr viel gutem Willen nehme ich ihm diese Unwissenheit nicht ab.

Auch wird mehrfach angedeutet, dass dieser Anwalt gern Richter wäre, weil es ihm Befriedigung verschafft, über die Leben anderer zu urteilen. Da frage ich mich doch: Warum ist er nicht einfach Richter geworden? Als Anwalt ist er Volljurist und hat die Befähigung zum Richteramt. Er ist wahrscheinlich nur eine Bewerbung davon entfernt, selbst hinter einem Richterpult zu sitzen.

Leichter Spoiler Ende!

Was ich jedoch sehr gelungen finde, ist der Handlungsstrang, der sich mit Nadjas Kindheit und dem Tod ihrer Mutter beschäftigt, und die langsame Zusammensetzung dessen, was damals in ihrer Wohnung geschehen ist. Auch die Verbundenheit zu ihrem Bruder ist sehr einfühlsam geschildert.

Insgesamt ein Thriller mit einigen Schwächen, den ich aber trotzdem gern gelesen habe.

4/5 Bronze-Ballerinas

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