Kurzmeinung: Ein beeindruckendes Buch von einer brutalen poetischen Klarheit, das den Schrecken des beginnenden Kolonialismus auf dem afrikanischen Kontinent literarisch einfängt.
Ein Dorf brennt. Zwölf Männer verschwinden. Die Hebamme des Dorfes wird konsultiert. Die Frauen, deren Söhne nicht wiedergesehen wurden, werden in einer Gemeinschaftshütte am Rande des Dorfes isoliert, damit ihre Trauer die anderen Bewohner*innen nicht stört. Und am Morgen hängt über dem Dach ein Schatten, ein Hinweis auf das Schicksal ihrer Söhne und letztendlich auch eine Vorausdeutung auf ihr eigenes.
Ich habe eine Weile gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden und zu verstehen, was genau passiert ist und wie die Gemeinschaft eigentlich funktioniert. Nach einer Weile konnte ich das Buch jedoch gar nicht mehr aus der Hand legen. Mit einer brutalen poetischen Klarheit versteht es die Autorin, gleichzeitig von Individuen und einem Kollektiv zu erzählen, Mystisches und Reales miteinander zu verweben und über alles einen Schatten zu legen, der gleichzeitig wirklich und metaphorisch ist. Es ist die Geschichte einer Entwurzelung, die sich von Beginn an andeutet und von den Figuren erst nach und nach erkannt wird.
An einigen Stellen bin ich sehr nah dran an den einzelnen Figuren, ihren Gefühlen, Hoffnungen und Wünschen; an anderen Stellen nimmt die Autorin mich mit in eine Art Vogelperspektive und zeigt mir die größeren Zusammenhänge, die Geschichten der Völker und die Verbindungen zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft. Das Ganze ist so geschickt erzählt, dass ich nie den Eindruck habe, von den Figuren fortgerissen zu werden, damit mir Info-Dumpf präsentiert werden kann – im Gegenteil, alle Erklärungen sind wie selbstverständlich Teil dieser Geschichte, die so nicht nur von einem einzelnen Dorf erzählt, sondern von einem größeren Zusammenhang.
Es ist eines dieser Bücher, die mich mit ihrer Kraft und Intensität so beeindrucken, dass ich zu ihnen nicht viel sagen kann. Eine detailliertere Nacherzählung würde der Geschichte einfach nicht gerecht werden. Also am besten selbst lesen!
5/5 Schatten
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