E-Book: Die Villa im Moor von Angela Hüffer. Auf dem Cover ist eine alte Villa vor einem Gewässer abgebildet, die Ränder des Covers sind vignettenmäßig geschwärzt. Über der Villa stehen der Name der Autorin sowie der Titel.

Kurzmeinung: Interessant erzählter und spannender Pageturner, wenn auch mit einigen Schwächen am Anfang und Ende.


Der Roman begleitet Ellen Schneider, die den Sommer in einer Kommune in einer abgelegenen Villa verbringt, um ihrem Studentinnenleben in Hamburg für eine Weile zu entfliehen. Dass die Mitglieder der Kommune sich ihr gegenüber vom ersten Augenblick an merkwürdig verhalten – sie behandeln sie wie eine alte Freundin, die nach langer Zeit endlich zurückgekehrt ist – nimmt sie hin, denn alles ist besser, als ihre Semesterferien allein zu Hause zu verbringen. Aber schon bald kommen ihr Zweifel daran, ob sie diese Menschen wirklich noch nie gesehen hat, oder ob sie da nicht etwas verdrängt hat und sie in Wirklichkeit ein ganz anderer Mensch ist, als sie zu sein glaubte …

Zu Beginn ist Ellen Studentin, der es überhaupt nicht gut geht: Sie hat Konzentrationsschwierigkeiten, leidet unter Angstzuständen und scheint sich in ihr Leben nicht gut einfügen zu können. Ich finde es sehr erfrischend, mal eine Geschichte über eine Figur zu lesen, die während ihres Studiums nicht die beste Zeit ihres Lebens hat, aber damit bin ich auch bei meinem ersten Kritikpunkt angelangt: Schon am Anfang befindet Ellen sich an einem Punkt, den man eigentlich eher am Ende eines Psychothrillers erwarten würde. Sie ist psychisch gebeutelt, wird von unheimlichen Halluzinationen verfolgt und hat Angst davor, dass sie den Erinnerungen an ihre Vergangenheit nicht trauen kann. Zu diesem Zeitpunkt weiß sie noch nicht einmal, dass die Villa Waldmoor, die ihr später zum Verhängnis wird, überhaupt existiert. Dadurch, dass am Anfang schon so dick aufgetragen wird, wirken ihre merkwürdigen Erlebnisse in der Villa zunächst geradezu belanglos: Die Mitglieder der Kommune verhalten sich eben ein bisschen seltsam. Obwohl Ellens anfänglicher Zustand später noch einmal wichtig wird, behindert er leider zu Beginn einen vernünftigen Spannungsaufbau.

Das heißt aber nicht, dass es nicht doch spannend wird, denn das wird es definitiv. Ellen entdeckt immer mehr Merkwürdigkeiten in der Villa, denen sie nachgeht, und immer mehr Zweifel an ihrer eigenen Identität schleichen sich in ihren Kopf. Die Erzählweise ist übrigens auch sehr kreativ: Die Geschichte wird von Ellen selbst in Form von Tonbandaufnahmen erzählt, die sie meist unmittelbar nach den Ereignissen – oder sogar währenddessen – anfertigt. Dadurch entsteht eine Unmittelbarkeit, bei der es mir manchmal kalt den Rücken runterläuft. Es wäre sehr interessant, das Ganze mal als Hörbuch zu hören.

Die Auflösung hat mir gut gefallen, allerdings fand ich die Art und Weise ziemlich klischeehaft: Ein monologisierender Antagonist, der bereitwillig noch kurz alle offenen Fragen zu seinem bitterbösen Plan beantwortet, anstatt sein Opfer sofort zu töten. Vor allem, weil der Roman ansonsten sehr in die psychologischen Tiefen hinabtaucht, fand ich es etwas enttäuschend, dass an dessen Ende ein eindimensionaler Horrorfilm-Bösewicht steht.

Außerdem gibt es Ereignisse, die zwar innerhalb der Geschichte zum Mysterium des Ortes beitragen, sich rückblickend vom Ende aus aber nicht erklären lassen. Auch berichtet Ellen im Laufe der Geschichte detailliert von Erinnerungen, deren Bedeutung für die Geschichte ich nicht verstanden habe. Teilweise handeln sie von Menschen, die ansonsten überhaupt keine Rolle spielen, die aber trotzdem irgendwie Teil von Ellen Leben gewesen sind – oder auch nicht. Beispielsweise erzählt sie an einer Stelle sehr ausführlich von einem geheimnisvollen Mann, der vielleicht aber auch nur eine Halluzination ist und der ihr in Hamburg immer wieder begegnet ist, der aber weder davor noch danach jemals wieder thematisiert wird.

Trotz dieser Schwächen habe ich das Buch gern gelesen, denn es ist spannend und unheimlich und lädt zum Miträtseln ein – und das ist eigentlich das, was einen soliden Thriller für mich ausmacht.

4/5 Moorwald-Bäumen

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