Tannöd von Andrea Maria Schenkel: Auf dem Cover ist eine düstere Holzhütte abgebildet, dahinter ist ein Stück türkisfarbener Himmel zu sehen.

Kurzmeinung: Ein düsterer Roman wie ein Puzzle und gelungene Umsetzung eines wahren Kriminalfalls.


Auf dem Einödhof Tannöd wurde in den 1950er Jahren eine ganze Familie brutal ermordet. Nach der Tat kommt ein gesichts- und namenloser Fremder in das Dorf, ein Unbeteiligter, und lässt sich von den Menschen dort erzählen, was damals vorgefallen ist. Die Kapitel, in denen diese Menschen erzählen, sind sprachlich so unterschiedlich gestaltet und damit so authentisch, dass ich den Eindruck hatte, tatsächlich Teile realer Gespräche zu lesen. Sie berichten aber nicht nur von den harten Fakten rund um die Tatzeit, sondern sind auch deutlich geprägt von ihren eigenen Meinungen und Ansichten. So erfährt man einiges über die ermordete Familie Danner, die selbst keine reine Weste zu haben schien. Zwischen diesen Kapiteln befinden sich Ausschnitte aus Gebeten, Szenen aus der Perspektive des anfangs noch namenlosen Mörders, sowie Ausschnitte aus dem Leben der Danners und deren neuer Magd kurz vor ihrer Ermordung. Wie ein Puzzle setzt sich Stück für Stück alles zusammen, bis sich am Ende ein schlüssiges Gesamtbild ergibt.

Die Kapitel selbst sind jeweils nur wenige Seiten lang und gekonnt auf das Wesentliche verdichtet; es entsteht eine düstere, unheimliche Atmosphäre, geprägt von Misstrauen, familiärer Gewalt und dem Schatten des grausamen Verbrechens.

Ich habe dieses Buch bereits vor Jahren gelesen und gemocht, allerdings ohne die Hintergründe zu kennen: Der Roman beruht auf dem realen Sechsfachmord von Hinterkaifeck im Jahr 1922. Vor Kurzem habe ich mich tiefergehend mit diesem Fall beschäftigt und danach Tannöd noch einmal gelesen. Natürlich wurde einiges abgewandelt, beispielsweise ist der Roman zu einer anderen Zeit angesiedelt, und im Gegensatz zum realen Fall wird hier am Ende der Mörder gefunden, aber das grobe Konstrukt des Falls wurde übernommen, sowie mehrere kleine Details, die im Text interessant zu entdecken waren.

Auf jeden Fall einer meiner Lieblings-Krimis, 5/5.

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